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100 Jahre ELORA Handwerkzeug — Kleine Schritte. Große Wirkung.

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Wir alle kennen die kultigen Zero-to-Hero-Storys, die unsere Computer- und Digitallandschaft prägen, aber was ist mit den bodenständigeren Geschichten von Unternehmen wie den Pionieren der Industrialisierung und den Herstellern der Werkzeuge, mit denen wir die Fahrzeuge bauen, reparieren und warten, die uns auf unseren Abenteuern begleiten. Wichtige Werkzeuge, die wir selten zu schätzen wissen—bis sie gebraucht werden, wenn etwas nicht funktioniert oder die regelmäßige Wartung ansteht. Mir geht es nicht anders. Die Werkzeuge an den Wänden meiner Werkstatt und in der Tasche im Heck meines Land Rovers begleiten mich seit Jahrzehnten, haben immer treu ihren Dienst getan, manchmal über ihre eigentliche Bestimmung hinaus, aber immer mit stoischer Zuverlässigkeit.

Mehr als 25 Jahre, nachdem ich das erste dieser Werkzeuge gekauft hatte, kehrte ich in die Fabrik zurück, um einen der Erben zu treffen und nicht über die neuesten Innovationen zu sprechen, sondern über die letzten 100 Jahre seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1924.

Das Unternehmen: ELORA Werkzeugfabrik GmbH
Mein Gesprächspartner: Andreas Rauch, Geschäftsführer

Und nun zum Interview…

AR: Wenn wir auf die letzten 100 Jahre zurückblicken, dann waren die wichtigsten Meilensteine eher das Ergebnis von Schicksal als von Voraussicht. Begonnen hat alles 1924. Mein Großvater, Erich Rauch, hatte gerade seine Werkzeugmacherlehre abgeschlossen und begann im Keller seiner Eltern mit einer kleinen Produktion von Stillson-Rohrzangen. Auf eigene Faust…einfach so. So viel Unternehmergeist ist im 21. Jahrhundert kaum noch zu finden.

Damals erholte sich Deutschland gerade von den harten Folgen der Inflation, die 1923 ihren Höhepunkt erreichte, als ein Laib Brot mehr als eine Million Papiermark kostete. Die Folge war die Einführung der Reichsmark. Es begann die Zeit des Aufschwungs (1924 bis 1929). Die sogenannten Goldenen Zwanziger. Alles boomte, auch mein Großvater wurde mitgerissen. Der Verkauf in Deutschland florierte, gelegentlich lieferte er auch ins Ausland.

ELORA Erich Rauch
ELORA-Gründer Erich Rauch
Elora 1st employee Max Böttger
ELORAs erster Mitarbeiter Max Böttger

Es gab sogar Exportfirmen in Hannover und Hamburg, die vor Ort einkauften und die Ware dann in Übersee vertrieben. Ein Blick in die Firmenchronik zeigt, dass unsere ältesten Exportkunden in Frankreich und England saßen. Eine stolze Entwicklung, die jäh unterbrochen wurde, als Adolf in Polen einmarschierte und den Zweiten Weltkrieg entfachte.

Zurück zu den bescheidenen Anfängen. Das Unternehmen hatte den Krieg insofern überlebt, als die Alliierten das Gebäude nicht in Schutt und Asche gelegt hatten und noch zehn Mitarbeiter auf der Lohnliste standen—die anderen waren dem Krieg zum Opfer gefallen. Die Produktion war im Wesentlichen die gleiche wie vor Kriegsausbruch. 1948 kam mit der nächsten Währungsreform der zweite Durchbruch für das Unternehmen: Die D-Mark wurde eingeführt, und mein Großvater startete durch. Das Wachstum war geradezu explosionsartig und verschlägt mir heute noch die Sprache. Vielleicht ist es ja ganz gut, dass ich das nicht selbst miterlebt habe. Die Zeit muss aufregend und frustrierend zugleich gewesen sein, aber die Strategie war klar: exponentielles Wachstum mit Fokus auf den Export.

Gleich zu Beginn des zweiten Aufschwungs suchte Erich Rauch jemanden, der bereit war, Absatzmärkte in Übersee zu erschließen. Heute sind wir in Südostasien, im Mittleren Osten und in Teilen Südamerikas stark, der Grundstein dafür wurde damals gelegt. Das ist mit heute nicht zu vergleichen. Damals ging es darum, ein Schiff zu besteigen, über die Ozeane nach Japan usw. zu fahren, Kontakte zu knüpfen, ELORA-Werkzeuge zu verkaufen und etwa fünf Monaten später wieder zurückzukehren. Entschlossenheit und Beharrlichkeit haben unseren Namen in Ländern bekannt gemacht, die heute nur wenige Flugstunden entfernt sind.

Entscheidungen mussten getroffen werden. Risiken mussten eingegangen werden. Eines davon war die Investition in die erste Schmiedepresse Polymaster 200t von Pelzer & Ehlers, die es dem Unternehmen ermöglichte, Steckschlüsseleinsätze schneller und präziser als der Wettbewerb herzustellen—alle drei Sekunden einen. Eine wahre Offenbarung. Plötzlich spuckte die Fabrik buchstäblich Werkzeuge aus wie keine andere.

Elora Forging press
Die erste Schmiedepresse, die alle 3 Sekunden eine Stecknuss herstellen konnte.
Elora workforce 1931
Belegschaft von ELORA 1931

Dieser gewaltige Sprung nach vorn fiel mit dem Höhepunkt der Revolution im Iran zusammen, und wir befürchteten schon, dass alle Verbindungen zu diesem Land abreißen würden—bis uns eine Garde von Revolutionären besuchte und uns nach zähen Verhandlungen den größten Einzelauftrag in der ELORA-Geschichte erteilte: 15 Millionen Mark für Steckschlüsseleinsätze, Schraubenschlüssel und andere Werkzeuge. Es dauerte fast ein Jahr, bis wir den Auftrag in Tag- und Nachtschichten abgearbeitet hatten. Das war wirklich spektakulär, und der Schneeball begann erst zu rollen.

MB: ELORA ist ein Familienunternehmen geblieben, das Sie gemeinsam mit Ihrer Cousine Bettina Rauch in dritter Generation führen. Kontinuierlich zu wachsen und auf dem Weg dorthin auch Stürme zu überstehen, ist mehr als Management, es geht um den Aufbau und die Pflege von Beziehungen—da gab es sicher auch Herausforderungen, wie sind Sie damit umgegangen?

AR: Stimmt. Mein Vater und mein Onkel hatten nie wirklich eine Wahl. Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass sie jemals einen anderen Weg in Betracht gezogen haben, und so war es fast unvermeidlich, dass sie bei ELORA eintraten und nach dem Tod meines Großvaters die Rolle des Geschäftsführers übernahmen. Dieser Tradition folgend bin ich 2002 in ihre Fußstapfen getreten.

Im Wandel der Zeit waren wir gezwungen, unsere Strategien anzupassen und zu ändern. Das ist schon bemerkenswert. Wir sind ein produzierendes Unternehmen im Herzen Deutschlands, beschäftigen eine beträchtliche Anzahl von Mitarbeitern und tun alles, um Wachstum als Nebenprodukt des Überlebens zu erhalten. Deutschland wird immer unwirtlicher für Unternehmen, die die Wirtschaft ankurbeln sollen. Die letzten Jahre waren geradezu katastrophal, und damit meine ich nicht nur den hart umkämpften Exportmarkt.

Umso bedeutsamer war es, dass anlässlich unseres 100-jährigen Jubiläums über 50 Personen aus dem Ausland angereist sind, um mit uns zu feiern und uns zu unterstützen. Kurzum, unsere Verbindungen sind so stark wie eh und je. Es hat uns alle sehr gefreut, dass sie sich die Mühe gemacht haben, bei uns zu sein, was zeigt, wie wichtig persönliche Beziehungen auch in der heutigen Zeit sind.

Elora tools
ELORA-Handwerkzeug in einem
praktischen Werkzeugschrank
ELORA Tools
Heute umfasst das ELORA-Sortiment mehr als 4.500 Artikel.

Ich spreche hier von langjährigen Kunden. Einige, wie Draper Tools, sind uns seit über siebzig Jahren treu, und das Geschäft floriert noch immer. Diese Beziehungen bestehen schon seit drei Generationen. Für uns sind sie nicht nur Kunden, sondern Mitglieder der ELORA-Familie. Wenn ich sie besuche, heißt es: “Onkel Andreas kommt.” Diese Bindungen sind unglaublich eng, generationenübergreifend, weil sie weit über das rein Geschäftliche hinausgehen.

In schwierigen Zeiten, wie wir sie derzeit in Deutschland erleben, wissen wir, dass unsere Kunden zu uns stehen und bereit sind, uns bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sich das anfühlt, aber es hilft auf jeden Fall, den Spaß an der Arbeit nicht zu verlieren.

Und noch etwas hat sich in Deutschland im Vergleich zu den Anfängen verändert: Staatliche Restriktionen haben unsere Möglichkeiten zur Massenproduktion ungewollt eingeschränkt. Unsere Strategie ist es, uns zu spezialisieren und unsere Produktpalette deutlich zu diversifizieren. Vor zwei Jahren haben wir beispielsweise Tracht-Odenthal übernommen. Das 1920 gegründete Unternehmen ist bekannt für seine einzigartigen Nischenzangen, die unter anderem zum Beringen von Vögeln eingesetzt werden.

Wir stellen auch Spezialzangen für Elektriker her. Das sind keine Werkzeuge, die man in Serien von 5.000 Stück herstellt, sondern eher in Chargen von 1.000 oder manchmal nur 500 Stück. Zum Glück sind solche Kleinserien für Unternehmen, die Zehntausende identischer Produkte herstellen müssen, uninteressant, was uns einen Vorteil verschafft. Wir sind flexibler. Ein großer Vorteil für ein kleines Unternehmen. Erst kürzlich haben wir in zusätzliche Maschinen investiert, um unsere Effizienz in der Kleinserienfertigung zu steigern.

MB: Der Strategiewechsel von der Massenproduktion von Stecknüssen im Drei-Sekunden-Takt hin zu Kleinserien mit 500 oder 1.000 Werkzeugen muss sich auch Auswirkungen auf die Belegschaft gehabt haben, ohne die Ihr anhaltender Erfolg undenkbar wäre. Wie groß war die Belegschaft zu Spitzenzeiten und wie hat sie sich entwickelt?

AR: In den 60er und 70er Jahren, in unserer Blütezeit, hatten wir etwa 280 Mitarbeiter. Wir hatten damals Schwierigkeiten, genügend Mitarbeiter zu finden. Deshalb gründete mein Großvater ein Zweigwerk in der Eifel, um Menschen anzuwerben, die bis dahin nicht vom industriellen Aufschwung profitieren konnten. Wir stellten auch ausländische Arbeitskräfte ein, vor allem aus Italien, um den Mangel auszugleichen. Einer von ihnen ist letztes Jahr nach 50 Jahren engagierter Arbeit in Rente gegangen. Er hat mit 15 Jahren bei uns angefangen und ist sein ganzes Berufsleben bei uns geblieben.

MB: Beeindruckend. Das hört man nicht alle Tage. Bleiben Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Regel so lange an Bord?

AR: Unser allererster Mitarbeiter, Max Böttger, kam 1928 zu uns und blieb 50 Jahre im Unternehmen, bis er mit weit über 70 in den Ruhestand ging. Viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die 40- und 50-Jahre-Marke erreicht, und es ist nicht ungewöhnlich, dass jemand länger als 25 Jahre bei uns bleibt. Unser Team bleibt relativ stabil; wenn jemand zu ELORA kommt und sich einlebt, wird er Teil eines großen Teams, das eng zusammenarbeitet.

Elora delivery truck 1949
ELORAs Lieferwagen, 1949
ELORAs Messestand 1950
ELORAs Messestand 1950

Wer in einem großen Konzern arbeitet, kann diese Dynamik vielleicht nicht nachvollziehen. Hier unterstützen wir uns wirklich gegenseitig, in guten wie in schlechten Zeiten. Wenn jemand ein Problem hat, kann er sich an uns wenden und wir suchen gemeinsam nach einer Lösung. ELORA ist ein Familienunternehmen und jeder hier ist Teil einer großen Familie. Wenn wir neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen, achten wir darauf, dass sie gut ins Team passen. Hohes Fachwissen allein ist noch keine Garantie für ein harmonisches Miteinander.

MB: Ja, in einem so engen Team kann man sich keine faulen Äpfel leisten.

AR: Genau. Zu unserem 100-jährigen Firmenjubiläum haben wir alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren Familien eingeladen. Die Feier vor dem Gebäude glich einem Straßenfest, mit Hüpfburg und anderen Aktivitäten für die Kinder. Auch unsere Nachbarn waren mit von der Partie, und wir stellten einen Shuttlebus für Werksführungen zur Verfügung, damit die Besucher besser verstehen konnten, wer wir sind und was wir tun. Leider musste ein kleines Team die Maschinen am Laufen halten, aber der Tag war für alle ein Erfolg.

Am Abend ging es dann in einem lokalen Restaurant weiter, wo alles für uns vorbereitet war. Es war sogar ein Rallycross-Auto ausgestellt, das wir sponsern. Es war ein großes Familientreffen, mit 50 Gästen, die, wie gesagt, aus Übersee angereist waren.

MB: Lassen Sie mich kurz an den Anfang zurückkehren. Das Unternehmen wurde in den 1920er Jahren von Ihrem Großvater im Keller seiner Eltern gegründet. Nach dem, was Sie mir bisher erzählt haben, war das nicht immer ein Zuckerschlecken. Da gab es diesen einen Großauftrag aus dem Iran. Aber ELORA ist und war nicht der einzige Werkzeughersteller. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

AR: Was meinen Großvater bewogen hat, mit der Herstellung von Handwerkzeugen zu beginnen, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Die “Goldenen Zwanziger” spielten sicher eine Rolle, aber der größte Schub kam Ende der 1940er Jahre mit der Einführung der D-Mark. Damals war die Nachfrage phänomenal und ELORA gehörte zu den glücklichen deutschen Anbietern, die dank ihres technologischen Vorsprungs gegenüber der ausländischen Konkurrenz vom Aufschwung profitieren konnten. Seitdem hat sich viel verändert und wir können nicht mehr nur über den Preis konkurrieren.

Das ist auch der Grund, warum so viele Unternehmen aus Deutschland abgewandert sind, nicht nur in der Werkzeugindustrie. Einst blühte hier die Textilindustrie, Färbereien säumten die Ufer der Wupper. Die chemische Verschmutzung führte zum Niedergang des Flusses. Schließlich verschwand die gesamte Industrie, ein Großteil der Produkte wird heute aus dem Ausland bezogen. Und dann war da noch die Stahlindustrie, für die Deutschland weltweit bekannt war. Wir haben Standards gesetzt, und das Label “Made in Germany” stand nicht nur für verlässliche Qualität, sondern auch für höchste Standards. Natürlich gab es auch viele Werkzeughersteller.

In Remscheid profitierten wir von vielen kleinen Zulieferern, die große Marken belieferten—und auch ELORA. Doch diese Landschaft hat sich dramatisch verändert. Viele kleine Unternehmen sind entweder ganz verschwunden oder haben sich ohne den Rückhalt einer eigenen Marke spezialisiert.

Wir hatten schon immer zwei Trümpfe in der Hand: unsere Marke und unsere Qualität. Wenn jemand ein Problem mit unseren Produkten hat, müssen wir reagieren und es lösen. Darauf konzentriere ich mich. Als deutscher Hersteller können wir uns einfach nicht den Luxus leisten, Dinge schleifen zu lassen, sondern müssen die Extrameile gehen, wenn wir erfolgreich sein wollen.

Wie ich schon sagte, gab es hier früher viele Werkzeughersteller—viele kleine, einige große und ELORA, das mein Großvater in der Mitte positionierte. Während die großen Unternehmen sich auf den heimischen und nahen Markt konzentrierten, ging mein Großvater das Risiko ein, Leute einzustellen, die bereit waren, in neue Gebiete zu reisen. Singapur schien damals am anderen Ende der Welt zu liegen, und die Reise dorthin dauerte Monate. Auch der Handel auf den Basaren Saudi-Arabiens stellte eine große Herausforderung dar. ELORA florierte, weil wir uns in den Orient wagten—eine Strategie, die damals viele für unmöglich hielten.

MB: Die Welt war damals in der Tat größer.

AR: Die Strategie meines Großvaters, sich auf den Export zu konzentrieren, war damals unsere Stärke und kommt uns auch heute noch zugute. Auch wenn wir zu Hause vielleicht nicht so bekannt sind, haben wir uns zum Beispiel in England einen Namen gemacht, unter anderem durch unsere Partnerschaft mit Draper Tools. Natürlich hat sich im Laufe der Jahrzehnte einiges verändert, und Produkte aus Fernost haben unser Geschäft beeinflusst. Die Zeiten sind hart, wirklich hart. Aber wir sind nach wie vor entschlossen, unsere Partner zu unterstützen und unser Vertriebsnetz aufrechtzuerhalten.

Wir haben nicht die Infrastruktur, um direkt an Endverbraucher zu verkaufen. Gelegentlich erhalten wir Anfragen für spezielle Produkte, aber wir verweisen diese Kunden an einen unserer Partner. Natürlich könnten wir einen 10-mm-Schraubenschlüssel an einen einzigen Kunden verkaufen, aber was, wenn wir tausend Bestellungen für ein einziges Produkt erhalten—das wäre ein logistischer Alptraum. Deshalb arbeiten wir jetzt mit einer ausgewählten Gruppe von Online-Händlern zusammen, die auf unserer Website verlinkt sind und kleine Bestellungen entgegennehmen können.

Bettina and Andreas Rauch
In der dritten Generation: Bettina Rauch, Export, und Andreas Rauch, Geschäftsführer.
ELORA Headquarters
ELORA-Stammhaus in Remscheid

Unsere Stärke liegt im Export. Wir haben eine starke Präsenz in Märkten wie Chile und Singapur aufgebaut und erwarten im nächsten Jahr Wachstum in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Zeiten, in denen wir in Deutschland ein solides Geschäft aufbauen konnten, liegen vorerst hinter uns. Die Bedingungen, mit denen wir konfrontiert sind, haben sich in den letzten drei Jahren erheblich verschlechtert, was sich auf unsere Preisstrategie auswirkt.

Ich hatte zum Beispiel kürzlich ein langes Gespräch mit unserem Stahllieferanten. Während die Preise weltweit sinken, stagnieren sie in Deutschland. Mit anderen Worten: Der Hype, den wir in den letzten Jahren erlebt haben, geht weiter. Mein Lieferant hat mir mitgeteilt, dass wir, um bessere Preise zu bekommen, aus China importieren müssen, weil die Gesetzgebung und strenge Umweltauflagen die europäischen Stahlproduzenten einschränken. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sie in ihre Anlagen investieren, und diese Kosten werden an uns, die Kunden, weitergegeben—ein Kostenfaktor, den es anderswo nicht gibt.

Ein weiterer wichtiger Faktor sind die steigenden Energiekosten. Der anhaltende Krieg treibt die Energiepreise in die Höhe. Wie vom Gesetzgeber vorgeschrieben, müssen wir einen Teil unseres Strombedarfs über Solarzellen decken, was unsere Kostenstruktur weiter verschlechtert. In diesem Winter sind unsere Kosten für Heizgas von ca. €40.000 auf €80.000 gestiegen. All diese Kosten müssen wir zumindest teilweise in unsere Verkaufspreise einkalkulieren.

Um Ihre Frage nach dem Schlüssel zu unserem Erfolg zu beantworten: Ein Teil davon ist sicherlich auf die Entscheidung meines Großvaters zurückzuführen, auf den Export zu setzen. In jüngster Zeit ist es uns gelungen, die Kleinserienproduktion von Spezialzangen, die wir auch an OEM-Partner liefern, zu diversifizieren und zu perfektionieren.

Unser aktueller Katalog listet über 4.500 Produkte, aber das ist noch nicht alles, was wir herstellen.

MB: Findet bei einer so breiten Produktpalette die Produktentwicklung im eigenen Haus statt?

AR: In der Tat. Ich habe einen Ingenieur, dessen Aufgabe es ist, bestehende Produkte zu verbessern und neue zu entwickeln. Wir erstellen 3D-Modelle, bevor wir mit der Herstellung von Prototypen beginnen—im Gegensatz zu anderen, die Prototypen herstellen, bevor sie ans Zeichenbrett gehen.

MB: 100 Jahre sind ein historischer Meilenstein. Wie sehen Sie die nächsten zehn Jahre?

AR: In den letzten Jahren sind viele Mitbewerber verschwunden. Das spiegelt die aktuelle Situation wider, bietet aber auch Chancen. Wir haben uns in unserer Geschichte mit einem anderen Ansatz durchgesetzt: Diversifizierung und Spezialisierung auf Nischenprodukte. Da immer mehr Hersteller aufgeben, prüfen wir, welche Produkte wir mit unserer Kleinserienstrategie effizient produzieren können, und liefern diese dann an Unternehmen, die sie benötigen. Interessanterweise fällt uns die Zusammenarbeit mit Kunden aus Ländern wie Italien leichter als mit einheimischen Kunden, was vielleicht auf die Exportmentalität von ELORA zurückzuführen ist.

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ELORA: Qualitäts-Werkzeug Made in Germany
ELORA Andreas Rauch and Mike Brailey
Andreas Rauch und Mike Brailey im Gespräch.

Unsere Umsatzprognosen für Übersee sind recht vorhersehbar. Deutschland und Europa hingegen geben Anlass zur Sorge. Der Inlandsabsatz ist schwach, und ein neues Wirtschaftswunder scheint unwahrscheinlich, da wir eine Branche beliefern, die in Deutschland derzeit Probleme hat. Wir können nur hoffen, dass der Motor wieder anspringt, der uns einst groß gemacht hat. Ähnliche Tendenzen beobachten wir auch in anderen Teilen Europas, wo sich die Verbraucher beim Kauf nicht lebensnotwendiger Dinge zurückhalten. Wenn zum Beispiel ein Keilriemen reißt, kauft man einen neuen, aber wenn es um das Werkzeug geht, das man braucht, um ihn zu ersetzen, scheinen viele zu alten Werkzeugen und Behelfslösungen zu greifen.

Um Ihre Frage nach den nächsten zehn Jahren zu beantworten: Ich bin zuversichtlich, dass sich die Dinge zum Besseren wenden werden und dass ELORA trotz der vor uns liegenden Herausforderungen und der düsteren Gesamtsituation gedeihen wird. Es ist jedoch nicht die Zeit, sich zu hohe Ziele zu setzen. Vielmehr müssen wir uns darauf konzentrieren, unsere Hausaufgaben zu machen und unsere Effizienz kontinuierlich zu verbessern.

ABSCHLIESSENDE BEMERKUNGEN

ELORA ist ein 100 Jahre altes Unternehmen, das wie Phönix aus der Asche Deutschlands auferstanden ist—und das gleich zweimal. Das Wachstum des Unternehmens ist zu einem großen Teil der Vision von Erich Rauch zu verdanken, in Überseemärkten erfolgreich zu sein, während sich die Konkurrenz auf das Inland konzentrierte, sowie seinem Verständnis von Risikomanagement.

Ironischerweise ist die Strategie, die hinter dem kleinen Produktionsbetrieb stand, den er im Keller seiner Eltern gründete, auch heute noch gültig, wenn auch in größerem Maßstab. Neben den beliebten Handwerkzeugen zeichnet sich ELORA durch die Produktion von hochwertigen Werkzeugen in Kleinserien für Nischenmärkte aus.

Zweieinhalb Jahrzehnte später benutze ich immer noch meine ELORA-Werkzeuge. Für weniger verbreitete Artikel wie Whitworth-Schlüssel—und damit wende ich mich an diejenigen, die mit britischen Klassikern arbeiten—lässt sich im 21. Jahrhundert kaum ein besseres Qualitätsprodukt finden.

ELORA

Fotografie: ELORA und Tristan Brailey

Picture of Mike Brailey

Mike Brailey

Born in the UK, Mike went to school in England and France before hiking across most of Europe in his early twenties. With a background as a photographer and engineer in the automotive industry, he has worked in Europe, the Middle East, South Africa, Southeast Asia and the Americas. His heart beats for classic cars and motorcycles, favouring an expedition equipped 1963 Land Rover Series IIA for overlanding. He is an outdoor enthusiast and, in 2016, followed his vocation to become an adventure journalist.

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