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Overlanding nach Griechenland, um zu erfahren, ob VanLife hält, was es verspricht

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Overlander entwickeln sich ständig weiter. Sei es, dass die Ausrüstung, die wir mitnehmen, durch immer Neuere ersetzt wird, oder dass wir unser Fahrzeug durch ein anderes ersetzen, das für zukünftige Reiseziele besser geeignet ist. Je mehr wir reisen, desto mehr lernen wir über unsere eigenen Fähigkeiten und Bedürfnisse, ebenso wie über die Unzulänglichkeiten der von uns verwendeten Produkte.

Manchmal wachsen wir über unsere Fahrzeuge hinaus und brauchen etwas Größeres, Komfortableres oder besser Ausgestattetes. Gründe für einen Wechsel sind ebenso vielfältig wie die verschiedenen Fahrzeugtypen, die unsere Lebensweise unterstützen können. Aber woher wissen wir, ob wir die richtige Wahl treffen? Schließlich handelt es sich um eine der größeren Investitionen, die wir tätigen, und wir sollten uns so sicher wie möglich sein, bevor wir das Geld auf den Tisch legen.

Ein Fahrzeugtyp, der in den letzten Jahren exponentiell an Beliebtheit gewonnen hat, ist der Van. Ein Van hat den Vorteil, dass er mehr Platz zum Wohnen und Arbeiten bietet und mit Annehmlichkeiten wie einem voll ausgestatteten Bad aufwarten kann. Vans sind zwar größer als ein SUV, aber oft kleiner und wendiger als ein Lkw, wenn man Städte oder abgelegene Siedlungen besucht. Mit Allrad erhältlich, mögen ihre Fähigkeiten abseits des Asphalts auf den ersten Blick den kleineren Geländewagen und größeren Lastwagen unterlegen sein, aber bedeutet das, man geht automatisch einen Kompromiss ein?

Das Reisen mit jedem Fahrzeug erfordert Voraussicht und Planung, was die Route betrifft. Wir investieren unsere hart verdienten Ersparnisse und entscheiden uns dafür, für eine gewisse Zeit in unseren Fahrzeugen zu leben, damit wir aufregende Orte besuchen und entweder zum nächsten weiterfahren oder nach Hause zurückkehren können, bevor wir uns in das nächste Abenteuer stürzen. Daher sollten wir diese Investition so gut wie möglich pflegen. Wähle Routen, die für dein Fahrzeug geeignet sind, und wenn der Pfad zu unwegsam wird, suche nach einer Alternative, die dein Fahrzeug bewältigen kann. Auch Land Rover und Toyotas haben ihre Grenzen, aber wir würden sie nicht absichtlich in Situationen bringen, welche die Fortsetzung der Reise gefährden. Was dem einen die Eule, ist dem anderen die Nachtigall.

In dieser Ausgabe nimmt uns Peter Bauza mit auf eine Reise, die ihm bei der Entscheidung helfen soll, wie er seine persönlichen und beruflichen Overland-Anforderungen am besten erfüllen kann. Peter ist weit mit seinem Toyota gereist, aber ihm wurde klar, dass ein größeres Fahrzeug nicht nur seinen Komfort, sondern auch seine Arbeitsabläufe verbessern würde. Je mehr er sich mit dem Thema befasste, desto mehr Fragen hatte er, als er Antworten fand.

ZEIT FÜR VERÄNDERUNG

Das Wohnmobil ist verkauft, das Geld ist in der Tasche und was nun? Auf Tour mit einem 4×4 Sprinter von AllRoad Reisemobile.

bauza greece hymer duocar

Sicherlich kennst du diese Verzweiflung des “Ich möchte jetzt weg”, aber es fehlt dir das passende Lenkrad. Auf meine schon fast süchtigen Reiseaktivitäten möchte ich wirklich nicht verzichten, und nun öffnen auch noch viele Länder ihre Grenzen. Vor einigen Wochen habe ich meinen Toyota veräußert und warte nun sehnsüchtig auf die Auslieferung meines neuen 4×4-Vans im Oktober. Oder kommt er vielleicht erst in 2022? Wer weiß das so genau. Die Produktionen der Hersteller sowie der Vertrieb aller Marken und Händler laufen auf Hochtouren. Keiner kommt wirklich richtig nach. Und die Lieferengpässe von Zulieferern nehmen durch die Corona-Krise nicht ab.

Kurz und schmerzlos entschließe ich mich für die Langzeitmiete eines 4×4-Vans bei AllRoad Reisemobile in Chemnitz. Die Auswahl ist nicht groß, denn ich brauche das Fahrzeug für vier Monate und es sollte ein Allrad sein. Ansonsten könnte ein Freistehen am Strand oder mögliche Bergtouren zur Tortur werden. Das perfekte Fahrzeug mit dem vergoldeten Emblem wirst du zur Miete nicht finden. Dann müsstest du kaufen. Aber das Mieten auf Zeit wird dir viele Vorteile bringen. Du wirst deine Erfahrungen mit einem vergleichbaren Wagen sammeln und feststellen können, ob VanLife, ein Van-Leben ohne augenblickliche Fixkosten deiner Persönlichkeit entspricht. Wenn ja, dann hast du dein grünes Licht für eine mögliche Anschaffung.

Auf geht es nach Chemnitz. Der Wagen steht bereit, sauber, vollgetankt. Schon beeindruckend, dieser 4×4 Sprinter, hier ein Hymer DuoCar. Die Höherlegung ab Werk um ca. 10 cm durch die Allradversion und die All-Terrain-Reifen geben dem Fahrzeug ein brachiales Aussehen. Schnell, freundlich und korrekt verläuft die Übergabe. Mit Akribie werden alle Vorschäden und der Zustand festgehalten. Das Unternehmen bietet auch ein Rundrum-Sorglos-Paket an. Das kann ich nur empfehlen, denn es entfällt die Endreinigung und du erhältst auch noch einige Versicherungsvorteile.

Bei strömendem Regen und schweren Gewittern bewegen wir uns Richtung München, um unser Gepäck für die nächsten vier Monate zuzuladen. Ach, da fällt mir unterwegs noch etwas ein: Ist der Wagen ein echter 3,5-Tonner? Vertraut man den einschlägigen Fachmedien, gibt es kaum einen nicht überladenen 3,5-Tonner. Und das kann im Ausland, oft ohne Toleranzgrenzen, schnell an den Geldbeutel gehen. Eine Verwiegung beim ADAC beruhigt uns, denn unser Wagen wiegt, nun beladen und betankt, 3.470 kg.

ES GEHT LOS!

Nach einigen Anfangshürden und kleinen Servicestreicheleinheiten, in den ersten Tagen auf Garantie, bei Hymer Sulzemoos und Mercedes fahren wir endlich Richtung Griechenland. Alle Anmeldeformalitäten und Tests für Österreich, Italien und Griechenland haben wir natürlich rechtzeitig erledigt. Als gute Deutsche machen wir alles rechtzeitig.

Auf geht es gen Süden, denn in vier Tagen wollen wir die Fähre in Ancona erreichen. Grenze zu Österreich, keine Kontrolle. Grenze zu Italien, same procedure. “Sie befinden sich in Italien”, quietscht es aus dem Navi. Der V6-190-PS-Dieselmotor im Sprinter brummt leise vor sich hin. Bei ca. 2.500 Umdrehungen und 120 Stundenkilometern macht das Fahren wirklich Spaß und wir sammeln erste Fahreindrücke. Der Seitenwindassistent ist eine tolle Erfindung sowie auch der Abstandstempomat. Für meinen Geschmack ist das Original-Mercedes-Fahrwerk schwammig und der Wagen schaukelt in Kurven ein wenig auf. Es ist eigentlich ein Lieferwagen, der sicherlich nicht für das Wohnmobilsegment gedacht war. Der Sprinter als V6-Diesel ist ein kleines Biest mit viel Kraft und kein schnelles Überholmanöver dürfte mehr scheitern. Er ist allerdings kein Sparwunder. Wie auch, mit 190 PS und 3.500 kg. Aber wer mit den großen Hunden pinkeln möchte, muss auch das Bein heben können, würden Freunde sagen. Oder auf bessere Elektrowunder warten.

In der Nacht haben wir eine schöne, ruhige Ecke an einem Sportplatz bei Bozen gefunden und Freunde besucht. Herrlich, wieder einmal an einem Tisch—dank Impfung und Test—zusammenzusitzen.

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An incredible stopover in Manerba del Garda on our way to Greece

Schnell fahren wir noch zwei Tage an den Gardasee. Die Temperaturen sind rasant angestiegen und kratzen an der 38-Grad-Marke. Grund für den Besuch eines schattigen und hundetauglichen Campingplatzes. Bitte immer auf “Hunde-erlaubt”-Campingplätze achten, wenn ihr mit eurem Vierbeiner unterwegs seid. Das eiskalte Wasser des Gardasees bietet angenehme Abkühlungen an und die Urlaubsstimmung steigt.

Rechtzeitig erreichen wir Ancona und den Hafen. Eine längere Schlange am Reedereischalter von Anek Lines, glücklicherweise mit Klimaanlage, verspricht nicht unerhebliche Wartezeiten. Fahrzeugpapiere, Ausweise, Impfungen werden kontrolliert und ab geht es zur Verladung. “Camping on Board” war gebucht, was so viel bedeutet, wie “du darfst im Camper schlafen”, bekommst einen Stromanschluss und eine Duschmöglichkeit. Sehr schnell wird die Fähre mit den vielen Fahrzeugen, WoMos und Lkws beladen. Die Crew, sehr erfahren, dirigiert das Rangieren, Blech an Blech. Siebzehn Stunden Überfahrt liegen nun vor uns.

“Mich hat keiner in Igoumenitsa bei Ankunft kontrolliert.”—“Die Fähre war überfüllt.”—“Fünf Kilometer Schlangen, um auf die Inseln zu kommen.”—“Gehen Sie zu einem PCR-Tester hinter den Lkws, aber ich bin einfach durchgefahren.”—“Meister, ein Bier bitte.”—“Ich habe letztes Jahr das WoMo gekauft, so wie alle…”, so klingt es an einer kleinen Bar am Strand von Igoumenitsa. Die braungebrannten Urlauber mit den großen weißen Wohnmobilen und Wohnwagen (auch oft Weißware genannt), sicherlich eine besondere Art von Menschen, zeigen mir sehr schnell, dass ich weiter muss. Dafür haben wir doch den 4×4 gemietet, oder?

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Die Vikos-Schlucht, mit 490 Metern Tiefe, im Pindos-Gebirge, mit gewaltigem und gigantischen Ausmaßen. Laut Guinness-Buch die tiefste Schlucht, gemessen am Verhältnis Breite und Tiefe

Gute Laune, genügend Wasser in den Tanks, ein mobiles Solarpanel, ein Kompressor für die Reifen und ein voller Kühlschrank. Nicht schlecht, damit können wir doch einfach verschwinden? Wir brauchen Distanz, Momente für uns, und vermissen in der Tat dieses Gequassel nicht. Nach einigen schönen Tagen an den hiesigen Küsten bewegen wir uns weiter südlich Richtung Patras, sozusagen der Beginn des Peloponnes, mit weniger Menschen und Fahrzeugen. Hier sichten wir herrliche Strände, einsame Buchten mit lauwarmem klaren Wasser. Seichte Wellen streicheln den sauberen Sand. Gut für einige ruhige Tage.

“Hier könnt ihr stehen, aber passt auf, denn die Polizei war am Freitag hier und wollte alle vertreiben. Und dann drohten sie uns mit €300-Strafen. Seit 20 Jahren kommen wir her und stehen mit den griechischen Familien hier wochenlang. Nie war das ein Thema. Die Griechen sind viel schlauer, denn sie montieren die Nummernschilder der Wohnwagen ab und entfernen ihre Zugfahrzeuge. Wo soll dann der Strafzettel hingeschickt werden? Aber bei uns Ausländern versuchen sie es immer wieder”, so Susanne und Gerd. Das rüstige Rentnerehepaar, beide wohl über 80, genießt nun seit Dekaden das sogenannte VanLife mit ihrem uralten, aber kilometererprobten Fiat.

Jährlich sind sie monatelang unterwegs und haben viel gesehen und erlebt. Das freie Stehen, das Wildcampen, wo das Herz begehrt, das Reisen ohne Grenzen, einfach die Träume Realität werden lassen. Selbst eine Gasexplosion, wobei Türen aus dem alten WoMo rausflogen und die Elektrik verbrannte, hat sie vom Reisen nicht abgehalten. In vierwöchiger Arbeit haben sie an diesem Strand im letzten Jahr alles repariert. “Ist das jetzt alles vorbei? Einen Campingplatz können wir uns mit unserer Rente nicht mehr leisten. Dann müssten wir heim und das wäre für uns das große Aus.” Traurig schaut Susanne in die Ferne.

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Der Weg von Ioannina zur Vikos-Schlucht führt über Serpentinen an atemberaubenden Landschaften vorbei

Wir stehen hier drei ruhige Tage, keine Polizei, keine Belästigung, nur das Muhen der Kühe und am Abend das Surren der Mücken. Leider versagt nun das Fliegennetz der Schiebetür. Eine sofortige Lösung gibt es nicht, Hymer ist informiert, bei Rückkehr wird es auf Garantie ersetzt. Wir improvisieren ein wenig und notdürftig, mit Glacéhandschuhen, lässt es sich hin- und herschieben. bauza giechenland

Weiter geht es in Richtung Süden, die Temperaturen steigen unaufhaltsam. Zum Glück entschädigen uns die nächsten Freistehplätze mit spektakulären Sandstränden. Tagsüber steigen die Temperaturen bis auf 38 Grad (gemessene Innentemperatur unter dem Dach bei weit über 50 Grad), die Luft steht und die Suche nach einem kühlen, freistehenden Schattenplatz bringt immer seltener Erfolg. Aber für alles gibt es eine Lösung, denn dieser DuoCar verfügt erfreulicherweise über eine Dachklimaanlage. Dazu benötigt man aber Landstrom.

Wir haben uns von den REMIfront-Verdunkelungen bereits verabschiedet, denn diese bieten keinen wirklichen Schutz vor der hämmernden Sonneneinstrahlung. Daher sind wir froh, die eigenen, passgenauen Thermofenstermatten mit Lichtschutzfaktor UPF 50+ von BlidimaX mitgebracht zu haben. Somit ist das Fahrerhaus und der hintere Teil des Fahrzeuges ein wenig geschützt.

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Einer der vielen ruhigen Buchten gegenüber der ionischen Insel Lefkada

Griechenland ist für jeden Wohnmobilfahrer eine Traumdestination, abwechslungsreich mit quirligen Städten, freundlichen Menschen, einsamen, erholsamen Buchten bis zu seiner unglaublichen antiken Geschichte. Tausende Inseln liegen vor den Küsten, wovon kaum mehr als einhundert dauerhaft bewohnt sind. Also bringt Zeit mit. Und liebt man Kultur und sucht nach der antiken Geschichte, dann ist man mit seinem Wohnmobil auf der Halbinsel Peloponnes genau richtig. Unglaubliche Ausgrabungsstätten, Festungen, Altstädte zeugen von einer langen Besiedlungsgeschichte, die teilweise bis 4000 Jahre vor unserer Zeitrechnung zurückreicht. Ein Muss auf unserer Reise sind das antike Olympia und das Orakel von Delphi. Viele Griechen schätzen ihre Funde nicht so sehr wie der ausländische Tourismus. Verständlich, wenn man fast in jedem Vorgarten beim Buddeln die Grabstätten Zeus’ oder Apollos entdecken könnte.

Griechenland bietet uns auch diverse Unterkunftsmöglichkeiten an, sei es die modernen Hotelanlagen oder Campingplätze. Ja, das geliebte Wildstehen ist grundsätzlich auch in Griechenland verboten und wird anscheinend noch weniger in der Hauptsaison toleriert. Lassen wir also bitte die Kirche im Dorf. Wir können doch nicht vor einem Campingplatz oder einer Hotelanlage am Strand mit einer deutschen Wagenburg stehen und den Sekt knallen lassen. Taktgefühl ist angesagt. Also, smart Reisen lautet die Devise und Wildstehen, wenn es passt. Und werden wir aufgefordert, den Platz zu verlassen, sollten wir nicht diskutieren. Müll hinterlassen wir natürlich auch nicht. Tanken, Reisen und Selbstversorgen ist kein nachhaltiger Beitrag zur griechischen Wirtschaft.

Der gelegentliche Besuch eines hotelartigen, aber trotzdem naturbelassen Campingplatzes, wie “Camping Ionion Beach” mit seinem schönen Strand, schattigen Plätzen, leckerem Essen, freundlichem Personal und schönen Pools, bieten uns eine Pause vor der anhaltenden Hitze. Eigentlich gegen jegliche Freisteh-Mentalität im Van-Leben genießen wir tagsüber die Klimaanlage und verlängern den Aufenthalt um einige Tage.

Eines Morgens heißt es dann “genug gefaulenzt”, und es wird Zeit, das Weite zu suchen und Olympia anzusteuern, jenen mystischen Ort, wo einst seit 776 vor Christus alle vier Jahre im Sommer die olympischen Spiele der Antike stattfanden.

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Einlaufgasse der ehemaligen Olympiastätte
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Museum in Olympia

Stundenlang fährt man über einsame Straßen an Olivenhainen, Obst- und Gemüseplantagen vorbei. Die Wege schlängeln sich durch enge, traumhaft schöne Ortschaften. Und da ist sie, die kleine Stadt Olympia. Schwer angeschlagen durch die Corona-Krise, ist der Tourismus stark zurückgegangen. Leere und geschlossene Geschäfte, Restaurants und Hotels zeugen vom finanziellen Absturz der Wirtschaft. Ein Gutes hat das Ganze für uns. Die ansonsten in großen Reisebussen angekarrten Menschenansammlungen aller Nationen bleiben uns erspart und so können wir die Olympia-Stätte in der Frühe alleine besuchen. Bitte auch das Drohnenverbot beachten. Trotz Erdbebens ist dieses UNESCO-Welterbe imposant. Die Überreste des Zeus-Tempels lassen uns erkennen, wie klein wir doch sein können und wie unwesentlich der Einzelne zur Geschichte beiträgt.

Vergesst beim Besuch nicht das Museum. Ihr werdet beeindruckt sein. Jedes Jahr kommen nach der Regenzeit neue Funde ans Tageslicht und ins Museum. Zum Schutz vor Bränden werden die Hügel der Olympia-Stätte im Hochsommer täglich berieselt.

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Im wasserreichen Ioannina-Tal wird intensive Landwirtschaft betrieben

Die anhaltende Hitzewelle in Griechenland treibt uns mal wieder ins Hochland. Die engen, kurvenreichen Straßen sollten mit Vorsicht genossen werden. Vorbei an Bergstädten wie Stegnisza führt uns der Weg zu den in den Bergen eingemauerten und noch von Mönchen bewohnten Klöstern in Prodromous und Philosophou. Beindruckende Wandmalereien, Ikonen und mystische Gänge lassen dich nicht aus dem Staunen kommen. Unter Beachtung der Kleidervorschriften und Fotoverbote können diese besucht werden. Vierbeiner dürfen leider nicht mit hinein.

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Cool atmosphere at Elea’s hippie beach

Zurück ans Meer. Auf der Suche nach einem Freistellplatz stoßen wir auf den sogenannten Hippie-Strand in Elea. Auch hier berichten einige VanLife-Anbeter von unwillkürlichen Verwarnungen und Vertreibungen durch die Polizei. Wie die Geschichte in der Tat abgelaufen ist, wissen wir nicht. Wir selbst standen ruhige drei Tage in schattigen Wäldern mit Duschen und Wasserversorgung, gebaut von der gemeinnützigen Organisation “Freunde des Strandes”. Ein ortsansässiger Landwirt bietet dort jeden Tag sein selbstproduziertes Gemüse, Früchte, Marmeladen, Soßen und eingelegte Oliven an. Und wer am Abend noch Kraft für einen Sundowner hat, der hängt in der Beachbar bei Reggae Musik ab. Ein absolutes MUSS.

Weiter geht es in den Süden. Wieder begleiten uns endlose, kurvige Straßen und wunderschöne, saubere, aber wie leergefegte Dörfer. Gelegentlich sieht man einige ältere Männer bei einem Bier vor Kneipen am Straßenrand sitzen.

Die Route zieht sich unendlich und die Temperaturen von bis zu 40 Grad machen uns zu schaffen. Bei dieser Gelegenheit sollte ich auch das “wir” aufklären. Das Team besteht aus Chepi, einer dreijährigen Jack Russel Mix-Hündin und meiner Person, Peter. Schon erstaunlich, was so ein kleiner Hund mitmacht, auch wenn in der letzten Zeit häufiger hechelnd.

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Dusk in the fishing port of Corona

Kurzentschlossen legen wir eine Ruhepause auf dem familienbetriebenen Campingplatz Koroni im gleichnamigen Fischerdorf ein. Was für eine Aussicht, selbst vom Pool oder der Bar. Saubere, moderne Duschen und Sanitäreinrichtungen sorgen für eine angenehme Überraschung. Die Stunden in den kleinen Gassen von Koroni, bei frischem Fisch, kalten Getränken und unglaublichen Sonnenuntergängen, vergehen im Fluge. Kein Wunder, dass einige Deutsche hier kleine Wohnungen für die Winterzeit gemietet und gekauft haben. Dank der auf dem Dach verbauten Klimaanlage und der mitgebuchten Stromversorgung, können wir die Blechkiste (damit meine ich natürlich unseren Van) für angenehmere Ruhemomente runterkühlen.

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An old bench to while away the time in Corona

Die “Finger” des Peloponnes wollen umrundet werden. Vorbei an Dörfern, unzähligen Olivenhainen und Bergketten mit wehrturmartigen Häusern geht es Richtung Mani, einer besonderen Region in Griechenland. Die Mani wird als der mittlere Finger des Peloponnes bezeichnet und führt ihren Namen auf eine Burg bei Mezapos zurück, die auch Mani, Maina oder frz. le Magne genannt wurde. Bereits der Fürst aus Franken, Wilhelm II, versuchte 1250 seine Ländereien hier zu verteidigen. Imposant ragen die steilen und schroffen Bergketten in den Himmel.

Serpentinenartige Straßen bei kaum vorstellbaren Temperaturen im Sommer und flimmernder Luft schneiden sich durch das Gebirge, die Ausläufer des Taygetos-Gebirges. Es gibt viel zu sehen und man sollte sich wirklich Zeit für das Erkunden nehmen. Die jahrhundertelangen Auseinandersetzungen zwischen den Manioten und den osmanischen Besatzern haben Mani kulturell wie auch architektonisch geprägt.

Mancherorts, wie auch im südlichen Vathia mit seinen engen gepflasterten Gassen, ragen urtümliche verlassene, halbhohe Wohntürme mit engen Schießscharten auf. Nur noch wenige Familien leben ganzjährig in diesen ansonsten verlassenen Ortschaften. Ein kurzer Zwischenstopp an einem wunderschönen, kleinen Fischerhafen lädt förmlich ein, hier zu übernachten. Aber der freundliche Hinweis eines Sportbootbesitzers, dass die Polizei jeden Abend hier aufkreuzt, lässt unsere Vernunft walten und wir fahren weiter.

Die Nacht bricht langsam ein und die Bergstraßen und -pässe bieten uns heute keine leichten Übernachtungsmöglichkeiten an. Die Dörfer sind so eng gebaut, dass selbst die Ansässigen nicht mehr wissen, wohin sie ihre Fahrzeuge parken sollen. Bei Dunkelheit erreichen wir eine Bucht mit schönen, burgartigen Hotels und kleinen Restaurants. Auf einem Parkplatz am Meer, mit einer zu Anker liegenden Luxusjacht, finden wir unsere Ruhe. Die in der Nacht aufkreuzenden Hunde und Wildschweine haben wir nicht einmal zur Kenntnis genommen.

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The Dimitrios is now a tourist attraction at Glyfada, east of Gythio, with beautiful sandy beaches

“Entschuldigung, Sie bekommen noch €1,50 zurück”, höre ich über meine Schulter. Maria, am Glyfada-Strandrestaurant, hatte sich verrechnet. So viel Ehrlichkeit. Ca. 10 km östlich von Gythio liegt ein wunderbarer Strand mit einem bekannten Schiffswrack, der Dimitrios. Freistehen, leider ohne Schatten, wird hier geduldet, und wer eine kühle Frischwasserdusche oder Toiletten braucht, darf die Installationen der Bar/des Restaurants während der Öffnungszeiten benutzen. Bitte trinkt dort auch einen Kaffee oder genießt die gute und günstige Küche als Dankeschön. Wir wollen schließlich alle nochmal dorthin und die Installationen nutzen.

Die Temperaturen pendeln sich nun tagsüber bei strammen 40 Grad ein. Die Nacht bringt auch keine merkbare Abkühlung. Meldungen über erste Waldbrände erreichen uns. Wir treffen auf lokale Feuerwehrleute und australische Firefighters, die uns empfehlen, in den Norden zu fahren. Flächendeckende Brände könnten in den nächsten Tagen die Region lahmlegen.

Wir entscheiden uns kurzerhand, über Korinth in den Nordwesten zu fahren, um dort dann die berühmten Meteora-Klöster zu besuchen. Es geht in einer Drei-Tages-Fahrt durch viele sehenswerte Ortschaften, wie Mistrá oder auch Mystras unweit von Sparta, ein weiteres aufregendes UNESCO-Weltkulturerbe. Hier legen wir einen obligatorischen Zwischenstopp ein.

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Well-preserved buildings in the Byzantine city of Mystras
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Paintings in a monastery in Mystras
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The impregnable fortress in Mystras, built by Frank Guillaume II de Villehardouin in 1249

Ihr solltet genügend Zeit mitbringen, denn diese dramatische und historische byzantinische Ruinenstadt wurde einst von den kriegsmüden Spartanern am 300 Meter hohen Fuß des Taygetos-Gebirges erschaffen. Zur Blütenzeit lebten hier hinter den intakten Festungsmauern über 20.000 Menschen in der Unter- und Oberstadt. Die Gebäude, Klöster sind heute noch sehr gut erhalten und können besichtigt werden. Gepflasterte und gewundene Gassen führen uns vorbei an Palästen, Kirchen, monumentalen Toren und mittelalterlichen Häusern. Malereien, Architekturen und Skulpturen zieren Klöster und Paläste. An diesem Ort scheint die Zeit zum Stillstand gekommen zu sein. Die auf dem Berg uneinnehmbare Festung, erbaut 1249 von Frank Guillaume II. de Villehardouin, dem vierten fränkischen Prinzen von Morea (ehemaliger Name des Peloponnes), ermöglicht einen beeindruckenden Ausblick auf das Evrotas-Tal und Sparta. Von hier aus kontrollierte Guillaume II. die Region Lakonien, schütze sie vor marodierenden Slawen.

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The Corinthian Canal saves ships a 400 km journey

Bei brütender Mittagshitze erreichen wir schließlich den Korinth-Kanal. Was einst vor 2600 Jahren von den Griechen für Eroberungszüge und Handel erträumt wurde, konnte erst im 19. Jahrhundert—wie auch der Suez- und Panamakanal—erstellt werden. Mit einer Länge von 6,3 Kilometern und einer Breite von 24 Metern verbindet der Kanal den Korinthischen und Saronischen Golf. Schiffe ersparten sich 400 Kilometer Seereise. Im Zweiten Weltkrieg wurden alle Brücken und viele Teile der Steilwände zerstört. In den vierziger Jahren begann der Wiederaufbau, und 1948 wurde der Kanal von Korinth wieder genutzt. Täglich fahren einige kleinere Schiffe durch den Kanal.

Zeit für einen Tankstopp, um die lange Strecke Richtung Norden anzutreten. An dieser Stelle sollten wir die Dieselpreise erwähnen. Tanken ist in Europa preiswert. Zum Reisezeitpunkt lag der Durchschnittspreis bei €1,35.

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One of the many floating monasteries in Meteora

Auf hohen Felsnadeln aus Sandstein ragen die mystischen Meteora-Klöster gen Himmel. Sie zählen zu den vielen UNESCO-Weltkulturerben in Griechenland und liegen östlich des Pindos-Gebirges in Thessalien, nahe der Stadt Kalambaka. Metéora bedeutet so viel wie “in der Luft schweben”. Sicherlich zutreffend, denn bei tiefhängenden Wolken oder dunstiger Luft scheinen sie wahrlich zu schweben. 24 einzelne Klöster und Eremitagen wurden ab dem 14. Jahrhundert auf die bizarren Steinformationen gebaut. Nur sechs sind heute noch von Mönchen oder Nonnen bewohnt und können besichtigt werden. Sie lassen uns auf besondere Art in die griechische Geschichte eintauchen. Die restlichen sind geschlossen, aufgegeben wegen Einsturzgefahr, oder sind kaum noch zu erreichen. Echte Naturwunder.

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Meteora Monasteries at the UNESCO world heritage site east of the Pindos mountains in Thessaly. A landscape that attracts mountaineers from around the world

Auch Natur- und Aktivurlauber oder Fotografen kommen hier nicht zu kurz. Viele Wanderwege führen durch eine imposante Natur. Die Felsen, auf denen die Klöster ruhen, ziehen als einer der beliebtesten Attraktionspunkte in Griechenland Kletterer aus aller Welt an.

Die anhaltende Hitze und Waldbrände vertreiben uns leider aus Griechenland. Den Norden, die Vikos-Schlucht, Athen und den dritten Finger heben wir uns für eine nächste Reise auf. Die Brände, die Hitze lassen einfach Vernunft walten. Wir haben uns daher für die verbleibende Mietzeit neue Ziele ausgesucht. Italien, Frankreich und Spanien stehen auf der Liste. Aber hierzu mehr in einer anderen Geschichte. bauza griechenland

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Wonderful sunsets on the Ionian Sea

RÜCKBLICKEND

Die vielen Wochen in Griechenland sind viel zu schnell vergangen und rückblickend stellen wir fest, wir haben nur einige der Highlights gesehen. Eine nächste Reise in diese Region ist geplant. Da wir keine Hitzeanbeter sind, sollten Reisen besser im März/Juni oder September/Oktober stattfinden.

WIE SIEHT ES AUS MIT DEM VANLIFE TRAUM?

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne (Hermann Hesse). Und so ist es auch bei uns. Nach vier Monaten fällt die Heimreise schwer. Die eigenen Wände daheim in der Großstadt lassen nur schwer über den Tellerrand sehen und zwängen uns wie in einem zu fest geschnürten Korsett ein. Unterwegs ist jeder Tag ein neues Abenteuer. Und beachtet man einige Grundregeln, dann wird das Reisen zu einer Sucht: flexibel, unterhaltsam und nie langweilig, mit überschaubaren Kosten. Und vielleicht werdet ihr ja eines Tages ein Vollzeit-VanLifer?

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Crystal clear water on the beach in front of our campsite south of Igoumenitsa

UND DER 4×4 SPRINTER HYMER DUOCAR?

Den haben wir nach einer gründlichen Reinigung einfach und problemlos bei AllRoad Reisemobile wieder abgeben. Einen Winterstellplatz brauchten wir für ihn also nicht zu suchen. Viele Dinge haben uns im DuoCar gefallen. Die großzügige Raumaufteilung, der große Küchenblock mit Ablagemöglichkeiten, das Lounge-Gefühl auf der Ledercouch sind einige der Highlights. Den nächtlichen Umbau des Sofas in eine riesige Schlaffläche empfanden wir als umständlich. Gefehlt haben echte Lüftungsfenster, Dachluken und eine Marquise, die uns bei diesen Temperaturen das Leben erleichtert hätten, mehr Stauraum (dem Lounge-Gefühl geschuldet), stärkere Aufbaubatterien mit festem Solarpanel auf dem Dach. AllRoad Reisemobile hatte uns glücklicherweise mit einem faltbaren Solarpanel und Spannungswandler ausgestattet. Somit konnten wir ein wenig länger autonom stehen und uns immer wieder einmal im Schatten verstecken.

Ein absolutes Highlight ist natürlich das Allradgetriebe des Sprinters mit Untersetzung—für brenzlige Momente—und der durchzugskräftige 3-Liter-Motor mit Automatikgetriebe. Das Allradgetriebe hat uns mehrmals vor kritischen Situationen am Strand gerettet. Der DuoCar von Hymer ist und bleibt ein Fun-Reise-Van mit Schlecht-Wege-Charakter.

PERSÖNLICHE ANMERKUNGEN

Einiges haben wir gelernt. Das Wissen über das, was ein zukünftiges Fahrzeug als Ausstattung mitbringen sollte. Und die vielen Klamotten und “Just-in-case”-Dinge, die man auf einer Reise nicht brauchen wird, lassen wir künftig gleich daheim. Sechs Meter bleiben nun einmal sechs Meter. Diese Maße sind aber die perfekte Reisegröße für Städte, Dörfer und enge Gebirgsstrecken mit schlechten Wendemöglichkeiten. Und mit sechs Metern und einer gedeckten Farbe können wir auch abseits der Straßen unentdeckt parken.

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Formed in a natural basin, the waterfall of Nydri withits ice-cold water, invites you to take a swim. Bring sturdy shoes

Anm. d. Red.: AllRoad Reisemobile hat mittlerweile auch die erste Eigenentwicklung auf Sprinter-Basis ausgebaut. Den neuen vielversprechenden und autonomen 4×4-“Atacama” sollten wir in Kürze einmal testen.

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The Moni Agiou Ioanni Prodomou manaster “hangs” in this picturesque gorge on the Lucios River
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Peace and quiet in the evening, even during the week, in the bay of Patras

Dieser Artikel erschien zuerst in der Herbstausgabe 2021 des Overland Journals, das jetzt als digitales Magazin im Apple App Store und Google Play Store. erhältlich ist.

Picture of Peter Bauza

Peter Bauza

Peter Bauza is a German photographer committed to social and geopolitical issues. Residing in South America and Europe for the last 20 years, he also frequently travels in Africa. His life-long respect for multi-cultural viewpoints fuelled by a fluency in five languages afforded him many opportunities. Amongst others, Peter has been published in The Guardian, The Washington Post, New York Magazine, GEO, Leica M Magazine, LFI, Marie Claire, Stern, Vanity Fair, and Die Zeit, and won many prestigious international photo awards. His latest project shortlisted for the Visa D’Or 2018, Enduring Times -South Sudan, provides a complex picture of the humanitarian tragedy.