Die Heckertür schlug zu, als wir die Sehtests an der siebten Schule auf unserer Reise rund um das Okavango-Delta beendeten. Anton erklärte uns, dass die nächste Etappe uns in einen abgelegenen Teil Botswanas führen würde, in dem die meiste Zeit des Jahres kaum Reifenspuren zu sehen sind. Dieses Jahr gab es besonders starke Regenfälle und deshalb noch weniger Reifenspuren. Unsere Karawane von vier Fahrzeugen rollte auf der zunehmend zerklüfteten Straße auf ein Schild zu: “Wenn ihr diese Linie überquert, seid ihr auf euch allein gestellt.” Anton meldete sich über Funk: “Nun, meine Freunde, jetzt gibt es kein Zurück mehr. Sobald wir drin sind, sind wir drin.”
Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass ich nicht ein paar Bedenken hatte, was die Herausforderung anging, die vor uns lag. Wenige Minuten später war meine Skepsis jedoch verflogen. Während wir über die weiche, sandige Piste glitten und das Dröhnen des Motors einen neuen Level erreichte, widersetzte sich das Lenkrad jeder Art von Anweisung. Kaum hatten die Worte “Haltet nach Elefanten Ausschau” Antons Mund verlassen, schlugen meine Knie ans Armaturenbrett des Defenders.
„Elefant! Elefant direkt vor uns!”
Meine Augen blickten angestrengt durch die Windschutzscheibe, ich sah einen ausgewachsenen weiblichen Elefanten direkt auf uns zukommen. Wie in einer Szene aus Jurassic Park sagte Anton ruhig: “Jetzt bloß nicht bewegen.”
Das leise Klicken meiner Kamera war alles, was ich von mir gab. Ich beobachtete ehrfürchtig, wie sie abrupt zum Stehen kam und den Staub von ihren nun vollständig aufgestellten Ohren schüttelte. Ein paar Sekunden später war die ganze Begegnung vorbei, unser Konvoi war sprachlos. Als Anton den Gang wieder einlegte und langsam an den Elefantenspuren vorbeifuhr, hatte ich eine ganz neue Vorstellung davon gewonnen, was das Wort “wild” im südlichen Afrika bedeutet.
Die kilometerlange Fahrt durch immer schwierigeres Gelände machte deutlich, wie wichtig jedes einzelne Mitglied dieses Teams in den kommenden Stunden und Tagen sein würde. Karl, der ortsansässige Optiker von 4x4Outfar, und seine Frau Adi hielten die Gruppe oft mit einer Mischung aus Koffein und ein paar Scherzen aufrecht. Sie bewahrten unsere Laune über Funk, während uns das Wasser beim Furten von den Radmuttern über die Reifen und manchmal sogar bis über die Motorhaube reichte. Cam, unser furchtloser Videofilmer, rannte oft barfuß mit Vollgas zwischen den Fahrzeugen hin und her, um zu dokumentieren, worauf wir uns hier einließen.
Je weiter wir in die Wildnis vordrangen, desto häufiger verwandelte sich die Straße in Schlamm. Unsere extrem gut ausgerüsteten Fahrzeuge blieben stecken und stundenlange Bergungsaktionen folgten. Ivor, ein Mann weniger Worte, und seine Tochter Megan übernahmen die Aufgabe, unsere Gruppe durch unbekanntes Wasser zu führen. Das “Zu-Fuß-Gehen” wurde zur nur allzu vertrauten Routine vor den 50 Meter langen Wasserlöchern auf unserer Route. Manchmal bahnten wir uns neue Wege entlang stehender Gewässer, nur um auf hartnäckigen Schlamm, Baumstümpfe und gelegentlich umgestürzte Bäume zu stoßen. Stunde um Stunde schlängelten wir uns so durch den Busch, bis…ja, bis es unheimlich still wurde. Nach 90 Kilometern—und weiteren 60 Kilometern noch vor uns—kam der Motor von Antons Defender stotternd zum Stehen. Wir saßen fest.
Die Sonne schien, unendliche Wildnis in allen Richtungen und wir mittendrin. Anton, der wußte, dass aus unserer anstrengenden, aber dennoch unbeschwerten Reise plötzlich Ernst geworden war, griff zum Satellitentelefon, um SOS zu funken.
Da wir nicht wussten, ob uns noch vor Sonnenuntergang Hilfe erreichen würde, versuchten wir, den Defender mit einem Abschleppseil durch die zerfurchte Buschstraße zu ziehen. Schließlich gaben wir auf und ließen den Defender zurück. Wir packten nur das Nötigste, Anton, seine Frau Melita und seine Tochter Cayla, in die übrigen drei Fahrzeuge und sahen im Rückspiegel, Antons Defender im Busch verschwinden.
Durch den Ausfall eines Fahrzeugs stand nun bei jeder Wasserdurchquerung mehr auf dem Spiel. Die Wahrscheinlichkeit, hier herauszukommen, ginge gegen Null, wenn noch etwas versagen würde. Während wir gegen das Tageslicht anliefen, plauderten wir über Funk munter weiter. Wir sahen die sumpfige, grüne Landschaft an uns vorbeiziehen und unsere Augen wurden groß, als Adis Stimme meldete: “Fahrzeuge am Horizont!” Eine Welle der Erleichterung ergriff das gesamte Team. Kurz darauf begrüßten uns zwei Safari-Patrouillen, die als Antwort auf Antons SOS von einer Lodge ausgesandt worden waren.
Wir sprangen aus unseren Fahrzeugen, um unseren neuen Lodge-Kollegen überschwänglich zu danken. Aus dem Augenwinkel sah ich Anton, der gerührt seinen Kopf in der Armbeuge vergrub. Unsere Reise war noch nicht zu Ende; Anton schloss sich dem Safari-Tross an, der unsere Spuren zurückverfolgte, um sein geliebtes Fahrzeug zu holen. Die Stimmung erreichte einen neuen Höhepunkt, als wir weiterfuhren.
Auf unserer letzten Etappe auf der anderen Seite des Okavango-Deltas gerieten wir in eine weitere Klemme. Die Safari-Patrouille, die uns jetzt begleitete, ereilte das gleiche Schicksal wie uns schon so oft zuvor. Die Räder gruben sich im Schlamm ein und steckten fest. Für sie war das fast schon Routine, und wir beobachteten, wie die Einheimischen ihr Fahrzeug scheinbar mühelos bargen. In einem Bruchteil der Zeit, die wir selbst gebraucht hätten, nutzten sie die Umgebung zu ihrem Vorteil und waren wieder einsatzbereit. Wie es das Schicksal wollte, konnte Antons Defender, der wieder in Gang gebracht worden war, sich revanchieren und der festgefahrenen Safari-Patrouille helfen… Das wird wohl keiner von uns so schnell vergessen.
Der Rest unserer Community-Vision-Arbeit mit 4x4Outfar verlief reibungslos. Jedes Dorf, das wir besuchen und testen konnten, bewies die Belastbarkeit eines Teams, das sich seiner Mission wirklich verpflichtet fühlt. Am Ende dieser Reise hatte das 4x4Outfar-Team Sehtests für über 2.000 Kinder durchgeführt und 86 Brillen an einige der bedürftigsten und geduldigsten Gemeinden verteilt, die ich je getroffen habe.
Auf der Rückfahrt zum Flughafen betonte Anton, wie dankbar er und sein Team für die Unterstützung von der iKamper-Community auf der ganzen Welt seien. Wie viel ihnen diese Arbeit für Love People & Love Nature bedeutet. Ich erwiderte, dass das eine ohne das andere nicht existieren würde.
Als das Flugzeug abhob, warf ich einen letzten Blick auf die Linie in der Wildnis, die ich vor Wochen gesehen hatte. Als ich meinen Blick wieder auf den Sitz vor mir richtete, schrieb ich diese Worte auf: “Der falsche Weg aus dem richtigen Grund…die Legende von Anton Poplett.”
Text: Eric Gordon | Bilder: Eric Gordon, Cameron Stuart und mit freundlicher Genehmigung von Anton Poplett