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Overlanding in Morocco. Ein Reisebericht: mdx—das Expeditionsmobil

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Bedeutet das Reisen und Leben mit einem Geländewagen automatisch, dass man Kompromisse eingehen muss? Auf den ersten Blick versuchen wir, eine voll ausgestattete Wohnung und zwei oder mehr Personen auf engstem Raum unterzubringen. Keine leichte Aufgabe, aber wenn du dich für einen Land Rover Defender wegen seiner Offroad-Fähigkeiten entscheidest, dann ist der Innenraum ein knapp bemessenes Gut. Du kannst einen Schlafraum entweder im oder auf dem Dach einrichten und den Wohnraum durch eine Markise und/oder ein Zelt erweitern. Allerdings muß man darauf vorbereitet sein, sie bei jedem Wetter auf- und abzubauen. Ganz zu schweigen von den Nachteilen, die das Mitnehmen schwerer Gewichte auf dem Dach mit sich bringt.

Andererseits sind Yachten ein gutes Beispiel dafür, wie man kleine Räume in einen komfortablen Lebensraum verwandeln kann.

DAS KONZEPT

Der mdx der Firma Matzker aus Köln ist die Symbiose von der uneingeschränkten Leistungsfähigkeit eines Defenders 130 und einem Expeditionsmobil gelungen.

Außen bleibt das charakteristische Aussehen des Engländers erhalten, mit Dimensionen von (LxBxH) 5330 x 1830 x 2315 mm ist das Gesamtbild recht gefällig—und in schmalen Gässchen und engen Kurven immer noch Allstadt tauglich.

Die Kabine, aus 26/28 mm Carbon-Faser und geschlossenporigem Hartschaum, verfügt über ein Kohle-Kevlar verstärktes Klappdach mit großzügigem Reißverschluss-Netzfenster; weiterhin zwei Kippfenster in jeder Seitenwand und ein weiteres in der Heckklappe. Der Heckrahmen wurde verstärkt, um eine Anhängerkupplung aufzunehmen.

Innen: Vollausstattung, mit einer großen Liege oben und einer kleineren unten. Die Möbelzeile links beherbergt einen beleuchteten Schrank mit zwei Fächern hinten und faltbare Möbel für Draußen. Zweiflammen-Herd und Spüle sind in eine GetaCore-Arbeitsplatte eingelassen, darunter vier Schubladen und fünf Schränke. In der gegenüberliegenden Zeile: ein weiterer Schrank mit Innenbeleuchtung und Elektronik-Schaltzentrale.

Die Sitzgruppe für Zwei kann schnell zu einer Liegefläche umgebaut werden, darunter befinden sich weitere Stauräume. Alle Möbelteile sind aus kunststoffbeschichtetem Gabun-Sperrholz mit Alucobond-Fronten und zum größten Teil mit Moosgummi geräuschdämmend ausgekleidet.

Ich selbst bin 1,98 m groß und angenehm überrascht von dem großzügigen Raumgefühl und der Stehhöhe bei ausgefahrenem Klappdach—Erinnerungen an meinen alten VW T5 California werden wach. Für zwei Personen ist Platz genug, sogar für längere Aufenthalte z.B. bei schlechtem Wetter. Und zur Not finden auch vier Personen Platz am Tisch.

Selbst im Cockpit fühle ich mich gut aufgehoben. Die Sitze können, aufgrund der fehlenden Zwischenwand zur Kabine hin, ausreichend weit zurückgefahren werden, so dass meine langen Beine genug Platz haben. Der Himmel ist schwarz verkleidet und verbirgt eine isolierende Geräuschdämmung.

Darüber hinaus hat die Firma Matzker weitere Ausstattungsoptionen sowie Motor- und Fahrwerk-Optimierungen im Programm.

Um meine ersten Eindrücke auf den Punkt zu bringen: Der mdx ist ein vollwertiges Reisemobil, das seine Passagiere komfortabel in fremde Kulturen und durch atemberaubende Landschaften trägt, dabei Schnee, Sand, Matsch und—mit einer Watttiefe von 50 cm (ohne Schnorchel)—Wasser durchquert, ohne dabei auf den Heimvorteil verzichten zu müssen. Hinfahren, anhalten, Klappdach hochfahren, fertig.

Nach einer kurzen Beschreibung des Fahrzeugs können wir uns nun dem Erlebnis widmen.

DIE REISE

Ende Februar 2016 war es endlich soweit—der Startzeitpunkt zur Einweihungsreise mit unserem mdx war da.

Nach langer Vorplanung und dem Abwägen der Vorzüge und Nachteile verschiedener Reisefahrzeuge, waren wir immer wieder auf den Matzker mdx gestoßen und hatten uns Ende 2014 zum Kauf dieses Expeditionsmobils entschlossen, das einen guten Kompromiss zwischen Platzangebot und Wendigkeit bietet. Nachdem inzwischen auch sicher war, dass die Produktion des Land Rover Defender eingestellt wird, war es die beste Gelegenheit, unser Wunschauto zu ordern. Im September 2015 konnten wir Max, unser Traumauto, dann in Empfang nehmen.

Für die Jungfernfahrt in sonnige und geländegängige Gefilde im Frühjahr 2016 hatten wir Marokko ausgewählt, das in den zur Verfügung stehenden vier Wochen gut zu bereisen ist. Das Land bietet Kultur, nette Menschen und vor allem tolle Landschaften. Bei der geplanten Route konnten alle Anforderungsbereiche erprobt werden. Bereits bei der Anfahrt von Deutschland bis Genua und weiter von Tanger nach Marrakech zeigte sich, dass der mdx, auch mit den groben MT-Reifen, durchaus autobahntauglich ist und sich die leider unvermeidlich lange Anfahrt gut bewältigen lässt. Die zusätzliche Innenraumdämmung und die Recaro-Sitze tragen ihren Teil bei. Bei einem Durchschnittsverbrauch von 11,3 l/100 km und rund 240 l Tankvolumen muss man Tankstellen eher selten aufsuchen.

Südlich von Marrakech erreichen wir dann endlich den natürlichen Lebensraum eines mdx. Die Bergpassagen des Hohen Atlas über den Tizi n’Tichka-Pass, auf dem noch Schnee liegt, werden gut gemeistert und in den Serpentinen sind wir vom vergleichsweise geringen Wendekreis angenehm überrascht, was der Spurverbreiterung und angepassten Fahrwerkseinstellung zu verdanken ist. Bei jeder Gelegenheit verlassen wir die Hauptstraße und suchen uns schöne Standplätze am Rande der zahlreichen trockenen Flusstäler. Die Entscheidung für ein kompaktes, schmales Fahrzeug bewährt sich vor allem in den engen Lehmdörfern, die noch nicht für Autos ausgelegt sind. Mit einem Unimog oder MAN, mit denen wir auch geliebäugelt hatten, wären wir hier schlicht stecken geblieben.

Nachdem Eselskarren und Mofas die hauptsächlichen Verkehrsmittel in den ländlichen Gebieten Südmarokkos darstellen, haben wir die Pisten meist für uns alleine, und was für deutsche Verhältnisse ein schlechter Feldweg ist, geht hier glatt als Hauptverbindungsstraße durch. Wir folgen dem momentan ziemlich ausgetrockneten Draatal mit seinen zahlreichen Oasen und Kasbahs und sind von den vielfältigen, geologisch interessanten Gebirgslandschaften beeindruckt. Außerhalb des weitläufigen Tals sieht die steinige Landschaft mit ihren Schirmakazien wie die ostafrikanische Steppe aus, die wir aus Tansania und Kenia kennen.

Südlich von Zagora und auf dem Weg in Richtung Erg Chegaga gibt es reichlich unebene Steinpisten, welche die Rüttelfestigkeit des gesamten Fahrzeugs (und seiner Besatzung) auf eine harte Probe stellen. Nachdem sich unser Zusatztank etwas gesetzt hat, was beim Einfedern zu leichtem Kontakt mit der Kardanwelle führt, steuern wir am Nachmittag die bekannte Rallye-Werkstatt von Ali Nassir in Zagora an. Auch ohne Voranmeldung sind wir sofort dran, und während vier engagierte Mechaniker unter unserem Max liegen, bekommen wir erst einmal Tee und eine leckere Tajine. So macht selbst ein Werkstattbesuch Spaß und bis zum Abend ist das kleine Problem fachgerecht behoben.

Wie angenehm sind dagegen die weichen Sandpisten durch die Dünen bei M’hamid zu befahren, für die wir den Luftdruck auf 1,6 bar reduziert haben, da sich dieser mit dem fest eingebauten Kompressor jederzeit schnell wieder an die steinigen Pisten nach Foum-Zguid anpassen lässt.

Obwohl wir früher vorwiegend mit Zelt oder geliehenem Dachzelt unterwegs waren, haben wir uns natürlich schnell an den Komfort unserer Kabine mit Licht auf Knopfdruck und Standheizung in kalten Nächten gewöhnt und können von der Schlafebene im ersten Stock den Sternenhimmel im Liegen genießen. Die ausreichende Versorgung mit Wasser, Solarstrom vom Dach und Treibstoff aus dem Zusatztank verschaffen uns dabei die nötige Unabhängigkeit von Infrastruktur oder Campingplätzen. Das Reisen mit Max macht jeden Tag mehr Spaß. Wir genießen es, mitten in der Natur zu stehen, im Morgen- oder Abendlicht zu fotografieren und dabei auch die Bevölkerung in ihrem Alltag kennen zu lernen. Da kann es schon mal passieren, dass zum Frühstück eine Kamelherde vorbeikommt oder wir uns mit unserem Standplatz unter der Akazie auch den Lieblingsplatz der Ziegenherde vom Nomadenlager nebenan ausgesucht haben.

Bei Foum-Zguid verlassen wir schließlich das Draatal und tauchen in den Antiatlas ein. Auch hier herrscht aufgrund der Trockenheit der letzten zwei Jahre großer Wassermangel und die Terrassenfelder der Bergdörfer sind kaum ablesbar, da die Saat noch nicht aufgegangen ist. Wir finden einen ebenen Stellplatz zwischen den letzten blühenden Mandeln und werden auch hier von einem Dorfbewohner, der mit seinem Esel auf dem Heimweg ist, freundlich willkommen geheißen und auf den nächstgelegenen Brunnen hingewiesen.

Die absolute Panoramalage finden wir schließlich in der Umgebung von Tafraoute. Die berühmten blauen Felsen, ein Landart-Projekt, sind seit unserem letzten Besuch vor fünf Jahren leider ziemlich verblasst oder mit Graffitis verziert, aber die natürlichen Granitfelsen in Kugel- und Kegelform in der weiteren Umgebung sind auch ohne zusätzliche Farbe sehenswert und bieten eine tolle Kulisse für spektakuläre Sonnenuntergänge.

Im Antiatlas allein könnte man sich wochenlang vergnügen, aber leider müssen wir uns langsam wieder nach Norden orientieren, um die Fähre nicht zu verpassen. Um die notwendigen 800 km von Agadir nach Tanger hinter uns zu bringen, bietet sich die neue, völlig leere und top ausgebaute Autobahn an. Dafür zahlen wir gern etwas Maut und spulen die Strecke in einem Tag locker ab. In Tanger kann Max dann sogar noch seine Citytauglichkeit in der abendlichen Rushhour unter Beweis stellen. Sicher nicht der ideale Lebensraum für einen mdx—aber unsere Windenstoßstange, der G4-Bügel und die Fahrzeughöhe sorgen für einen ausreichend dominanten Auftritt, der die Mitbewerber um einen vorderen Platz im nächsten Kreisverkehr auf Abstand hält. Außerdem sind die engen Straßen in der Altstadt stellenweise so steil, dass man selbst hier die Untersetzung gebrauchen kann, um entspannt auszuparken und wieder auf die Hauptstraße zu kommen.

FAZIT

Alles in allem haben sich in den vier Wochen unserer ersten Reise Fahrer und Fahrzeug bestens aneinander gewöhnt und wir freuen uns schon auf die nächste Tour mit Max—gerne auch wieder nach Marokko—definitiv ein ideales und sicheres Reiseland für dieses Fahrzeug.

MATZKER

Vorwort: Mike Brailey
Bilder und Text: Jörg Ermisch

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Overland Europe Contributor